Architektouren 2023 – wir sind dabei…
Architektouren 2023- Wir sind dabei
Mit Schreiben der Regierung von Oberbayern München vom 03.03.2020, Az. 30.1-42812, wurde das Staatliche Bauamt Weilheim beauftragt, die erforderlichen Bauunterlagen für den Erweiterungsbau des Laborgebäudes für die Dienststelle Wielenbach aufzustellen. Das Staatliche Bauamt Weilheim ist hiernach mit der Planung der oben genannten Maßnahme beauftragt, alle öffentlich-rechtlichen Anforderungen verbindlich abzuklären und erforderliche Genehmigungen der Gemeinde im Zuge eines Zustimmungsverfahrens einzuholen.
Das LfU Wielenbach – als „Königlich Bayerische Teichwirtschaftliche Versuchsstation“ vor nunmehr 100 Jahren gegründet – ist die älteste Dienststelle des Landesamtes für Umwelt. In den Gründerjahren standen fischereiwirtschaftliche Aufgaben wie die Optimierung der Fischproduktion im Vordergrund.
Das Laborgebäude wird durch ortskundiges Personal benutzt, insgesamt arbeiten auf der Liegenschaft in Wielenbach rund 50 Mitarbeiter. Das interdisziplinäre Team stellt sich wie folgt aus vier Referaten zusammen: Biologen, Chemiker, Tierärzte, Geoökologen, Fischwirte, techn. Mitarbeiter, Verwaltungspersonal und Handwerker.
Der bestehende Laborbau beinhaltet diverse Laborräume (chemisch, fischpathologisch, fischbiologisch, gewässerökologisch) sowie dazugehörige Büro- und Sozialräume der Angestellten. Aus brandschutztechnischen Gründen dürfen im Keller des Bestandsbaus nur noch wenig frequentierte Arbeitsplätze vorgehalten werden, so dass ein Teil der dort vorhandenen Raumkapazitäten in einen neuen Erweiterungsbau ausgelagert werden muss.
Der vorhandene Laborbau aus den 80er-Jahren fügt sich als einfirstiges Wirtschaftsgebäude in das Gehöft ein. Sein First ist nord-süd-gerichtet. Der Bestandsbau ist ganzflächig unterkellert und beherbergt in diesem div. Funktions- und Technikräume, ferner Sanitärräume für das Personal. Im Erd- sowie Obergeschoß befinden sich Labor- und Büroräume des techn. Personals.
Der Erweiterungsbau wird geometrisch als Solitär erstellt und mittels einem zweigeschossigem Verbindungsbau an den Bestand angeschlossen. Sowohl Solitär als auch Verbindungsbau sind zweigeschossige, nicht unterkellerte Bauwerke in Holzbauweise. Der gewinkelte Anschluss des Erweiterungsbaus an den Bestand ist erstens einem städtebaulichen Zitat der Liegenschaft geschuldet, zweitens musste der Erweiterungsbau zur Wetterstation im Süden (Betreiber Deutscher Wetterdienst) einen definierten Mindestabstand wahren.
Ein weiteres formgebendes Element der vorhandenen, ländlich geprägten Liegenschaftsbebauung war der umlaufende Balkon, welcher sich sowohl am Altbau vorfindet als auch am Laborbau aus der 80er Jahren. Dieses gestaltgebende Element wurde in den Entwurf des Neubaus übernommen. Ferner übernimmt der Umgang im EG als auch im OG eine wichtige Aufgabe bzgl. des konstruktiven Holzschutzes (Schaffung großer Vordachflächen), um den Holzbau stets trocken zu halten. Eine weitere Aufgabe bezieht sich auf den Brandschutz: Wie im bestehenden Laborbau auch kann über den Umgang im OG eine rechtzeitige Selbstrettung des Personals erfolgen.
Die äussere Fassade wurde mit vertikalen Verschattungsriegeln aus heimischer Lärche erstellt. Gleiches gilt für die innere (thermische) Fassade, welche aus Lärche-Dreischichtplatten aus heimischer Produktion stammen.
Die Fenster sind aus heimischer Fichte erstellt.
Um einen dauerhaft robusten sowie mehrmals abschleifbaren Bodenbelag zu erhalten, wurde ein Eiche Industrieparkett verbaut, welcher im Objekt- und Werkstattbereich nicht unüblich ist. Dieser wurde nicht lackiert, sondern geölt, um eine umweltschonende Nachpflege zu ermöglichen.
Das Solitär beinhaltet:
- im Erdgeschoß: Konferenzraum, großer Sozialraum mit Küche, sowie 2 Funktionsräume der jew. Referate (Mikroskopie).
- im Obergeschoß: Sechs Büroräume.
Im Erdgeschoß haben alle Räume einen direkten Ausgang ins Freie.
Im Obergeschoß haben alle Räume einen direkten Ausgang auf einen Umgang, welcher an den Verbindungsbau angeschlossen ist.
Energetisches Konzept
Der Neubau wird als Passivhaus (gem. Def. Passivhaus-Institut Darmstadt) konzipiert, aufgrund des niedrigen Heizwärmebedarfs kann der Anbau über die bestehende Heizanlage versorgt werden, eine eigene Heizungsanlage samt Entrauchungseinrichtungen ist nicht notwendig. Der Passivhausstandard bedeutet eine deutliche Erhöhung der bisherigen Anforderungen der EnEV und an die Qualitätssicherung der Planungs- und Ausführungsleistungen. Zur Sicherstellung der erhöhten Anforderungen an die Luftdichtheit sind notwendig: Passivhausgeeignete Fenster und Türen, eine hocheffiziente Lüftung mit hohem Wärmebereitstellungsgrad sowie eine hocheffiziente Heizung / Kühlung samt Warmwasserverteilung.
Das Gebäude hat einen Primärenergiebedarf von 76,7 KWh/m²a und erfüllt damit die Anforderungen der EnEV 2016 (105,9 KWh/m²a) sowie des KFW-Effizienzhauses 55 (77,7 KWh/m²a).
Tragwerk
Das geplante Bauwerk hat einen quadratischen Grundriss mit den Außenmaßen von ca. 12,5m x 12,5 m und zusätzlich umlaufende Balkone mit einer Breite von ca. 1,2m. Ostseitig schließt ein ca. 16,5m langer und ca. 6 m breiter Baukörper an, der die Verbindung zum Bestandsbau herstellt.
Der Neubau umfasst sowohl ein Erd- als auch ein Obergeschoss und wird durch ein etwa 7° geneigtes Zeltdach nach oben hin abgeschlossen. Im Verbindungsbau ist die Decke über dem OG zugleich das Dach.
Mit der Vorgabe eines Massivholz-Tragwerks wurden die Decken und die tragenden Wände als Brettsperrholzelemente vorgesehen. Das Dachtragwerk entspricht einem zimmermannsmäßigen Aufbau mit Vollholz- bzw. Brettschichtholz-Sparren und –Pfetten. Die Gründung des Neubaus erfolgt über eine Stahlbetonplatte mit umlaufenden Frostschürzen. Die Aussteifung des Bauwerks wird durch die in ausreichender Anzahl vorhandenen Wandscheiben in Verbindung mit den Decken bzw. dem Boden gewährleistet.
Barrierefreiheit
Für das Bauvorhaben wurde ein Auditverfahren „ Barrierefreiheit“ eingeleitet. Im Zuge der Phase 1-Auditverfahren fand am 17.07.2019 eine Baubegehung statt mit anschließendem Monitoring. Beteiligte hierbei waren das STBAWM sowie Vertreter der Schwerbehindertenvertretung des LfU.
Das Bauvorhaben ist keine öffentlich zugängliche bauliche Anlage im Sinne des Art. 48 BayBO. Die Abstimmung der Belange und Bedürfnisse des Nutzers in Bezug auf die Barrierefreiheit erfolgen unter Anwendung der DIN 18040, dem Leitfaden „Barrierefreies Bauen“ der OBB sowie der Arbeitsstättenverordnung. Eine generelle Festlegung „barrierefrei nach DIN 18040“ wird durch die Schwerbehindertenvertretung des LfU Süd nicht gefordert. Im Audit-Verfahren wurde ausschließlich das Gebäude mit seinem direkt angrenzenden Umgriff betrachtet. Eine Bewertung des weiteren Umgriffs (äußere Erschließung) erfolgt mit diesem Audit nicht.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sowohl im Neubau als auch im Bestandsbau zukünftig mit Beschäftigten mit Einschränkungen zu rechnen ist. Im Neubau gibt es keine Bereiche, in denen Mitarbeiter mit Einschränkungen auszuschließen sind. Gleiches gilt für die Anwesenheit von Besuchern. Allerdings darf davon ausgegangen werden, dass Besucher mit Einschränkungen in Begleitung sind.
Als gewichtigste Aussage des Audits darf die Ansiedlung der neu zu erstellenden Gemeinschaftsräume (Küche und Sozialraum, Videokonferenzraum) im Erdgeschoß gelten, welche ebenfalls vom Bestandsbau ebenerdig und schwellenlos erreichbar sein sollen. Ferner ist gem. DIN 18040 für alle Flure eine Mindestbreite (lichte) von 1,80 m für den Begegnungsfall vorzusehen. Gleiches gilt für alle Türen, welche mit einer Mindestbreite / -höhe von 90/205 cm ausgeführt werden. Abschließend finden sich in der „Checkliste barrierefreies Bauen – Audit“ Aussagen zu Bodenbelägen, Treppen, Rampen, Lichtschaltern, Türschildern etc., welche allesamt mit den Vertretern des LfU besprochen und abgestimmt wurden.